Foto: © Frank-Peter Bürger
Quelle: Internationales Berliner Bierfestival
Alles begann im Jahr 1996, noch lange bevor die Craftbierwelle durch Deutschland rollte, gar bevor der Begriff Craftbier hierzulande überhaupt irgendjemandem geläufig war. Nachdem die ursprüngliche Idee, ein der nationalen und internationalen Vielfalt des Bieres gewidmetes Festival auf dem Alexanderplatz auszurichten, vom Bezirksamt Mitte abgelehnt worden war, fand das erste Internationale Berliner Bierfestival, umgangssprachlich einfach Biermeile genannt, in Berlin-Friedrichshain statt. Seitdem verwandelte sich an jedem ersten Augustwochenende von Freitag bis Sonntag ein Abschnitt der Karl-Marx-Alle zum „längsten Biergarten der Welt“, wie die Veranstalter beworben haben. Dafür gab es vor einigen Jahren sogar einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde. Im zweiten Jahr waren auf der Biermeile bereits 112 Brauereien aus 44 Ländern mit mehr als 500 Sorten vertreten. Mehr als 200.000 Besucher lockte das Event damals schon an.
Letztes Jahr waren 338 Brauereien mit mehr als 2300 Biersorten vor Ort, darunter eine bunte Mischung aus Craft und Industriebieren anderer Länder. Immer wieder stand die Biermeile unter verschiedenen Mottos. Mal wurde der Schwerpunkt auf die Biere eines bestimmten Bundeslandes gelegt, 2008 lautete das Motto wiederum „1000 Jahre traditionelle tschechische Bierkunst“. Auch die steigende Konkurrenz anderer (Craft)Bierveranstaltungen tat der Beliebtheit der Biermeile keinen Abbruch. Bis zu einer Million Besucher fanden sich in den letzten Jahren auf der Biermeile ein.
Jetzt ist alles plötzlich vorbei. Die Veranstalter des Festivals gaben bekannt, dass die Biermeile weder dieses Jahr noch in Zukunft stattfinden wird. Grund dafür sind die gestiegenen Kosten für diverse Auflagen der Stadt, die die Sicherheitsmaßnahmen und die Sanierung der Grünflächen betreffen. Da der Eintritt zum Festival selbst kostenfrei ist, bestünde die einzige Möglichkeit zur Erfüllung dieser Auflagen in der Umlegung der Kosten auf die Aussteller. Das wiederum wäre für viele Brauereien nicht tragbar gewesen und führte bereits zu Absagen.
Die Biermeile verlief in den frühen Jahren nicht unproblematisch. Das Festival zog eine nicht unbeträchtliche Anzahl rechtsradikaler Besucher an. Es gab Nazi-Schlägereien, NPD-Parolen und Besuchergruppen mit „White Pride“-Shirts. Damit sollte ab 2010 Schluss sein. Die Hausordnung wurde überarbeitet, die Sicherheitsbestimmungen wurden verschärft und das Motto „kein Bier für Nazis“ wurde konsequent und weitestgehend erfolgreich durchgezogen.
Auch wenn sicherlich neue Bierfestivals in Berlin an ihre Stelle treten werden, wird die Biermeile als alljährliches kulturelles Event in Friedrichshain vermisst werden, und das nicht nur von den Biernerds. Es ist schade, dass kein für alle Seiten umsetzbares Konzept gefunden werden konnte. Zum Glück gibt es immer noch die 6. Berlin Beer Week, ein stadtweites Bierfest, das vom 24. Juli bis zum 2. August 2020 stattfinden und Bierliebhaber aus ganz Deutschland in die Hauptstadt locken wird.