Craftquelle Bonn

BRLO in Berlin – zünftig war gestern

Das BRLO BRWHOUSE in Berlin realisiert ein neues Gastrokonzept für die Craftbeer-Szene – Gastbeitrag von Peter Steinhauer. Fotos: @BRLObeer 

 

 

 

Das BRLO BRWHOUSE am Rand des Gleisdreieckparks hat sich sehr schnell zu einem Hotsport der in der Hauptstadt überaus dynamischen Craftbeer-Szene entwickelt. Die Betreiber bieten den Gästen nicht nur einen neuen Bierstandard jenseits von Industrieware, sie definieren auch die gerade in Deutschland stark verwurzelte Brauhaustradition neu. In Berlin sind dafür die Voraussetzungen ideal gewesen. Klassische Brauhäuser mit rustikaler Gemütlichkeit haben in Bayern oder dem Rheinland oft einen Kultcharakter und dominieren die Gastroszene. In Berlin ist diese Tradition so gut wie nicht vorhanden. Auf ein Bier trifft man sich an der Spree entweder in der Eckkneipe oder einer Szenespelunke. Das BRLO BRWHOUSE versucht deshalb gar nicht erst wie ein zünftiges Brauhaus zu wirken. Die Gegend am Gleisdreieck ist wie ganz Berlin unfertig und ein wenig verlottert, entwickelt sich aber rasant. Das Bier-Haus ist deshalb flexibel konstruiert aus 38 übereinandergestapelten Überseecontainern. Wenn hier nach einigen Jahren die Baukräne kreisen, um dort Luxuswohnungen zu errichten, können die Betreiber ihr Brauhaus an eine andere Stelle verfrachten.

Neue Architektur für neues Bier

Das mobile Architekturkonzept stammt vom überaus angesagten Berliner Büro Graft Architekten, die Deutschland bei der nächsten Architektur Biennale in Venedig vertreten werden. Nicht nur von Außen, sondern auch beim Interior bleibt die Tradition komplett auf der Strecke. Nur noch die langen Holztische erinnern an eine traditionelle Bierstube. Die Wände aus Trapezblechen sowie die Gitterstahldecke zeigen eine Vorliebe für den rauen, technoiden Stil, für den Berlin auf der ganzen Welt berühmt ist. Das Blechensemble referiert nicht mehr auf die gemütliche, urselige Stimmung im „Paulaner Keller“ oder im „Früh am Dom“. Schon eher fühlt man sich in die USA versetzt, wo die Craftbrauer ihren Ausschank gerne in schmucklosen Industriehallen unterbringen.

Craftbeer als Marke

Das neue Gastrokonzept ist ganz auf das Produkt BRLO Beer zugeschnitten und zeigt, wie sich die Szene derzeit immer professioneller als Marke in Szene setzt. BRLO Craft Beer gibt es in Berlin seit 2014. Gründer sind Katharina Kurz und Christian Laase, die sich aus Studienzeiten kennen. Dazu gekommen ist als Gründer Michael Lembke aus Mecklenburg. Lembke ist Ende Zwanzig, ausgebildeter Brauer und Mälzer. Die Gründer wollen das Thema Craftbier in Deutschland voran treiben. Sie erhoffen sich, dass mit der Craftbeer-Welle endlich Bewegung in Markt kommt, der vom Preiskampf und der Uniformität der deutschen Großbrauereien geprägt ist. Der komische, unaussprechliche Name BRLO klingt nach Internet und Start up, ist aber der alt-slawische Ursprung des Namens Berlin. Zusammen mit der Endung „-in“ heißt es soviel wie „Sumpf“ oder „trockene Stelle in einem Feuchtgebiet“. Das passt zu einer Biermarke.

Fleisch als Beilage

Das BRWHOUSE ist nicht nur Gastronomie, sondern wie es sich für eine Brauhaus gehört auch Produktionsstätte. Der Braumeister zaubert direkt aus der 20 hl Brauanlage handwerklich in kleinen Menge produzierte Craftbeer-Sorten. Aus den über zwanzig Bierhänen kommen zusätzlich wechselnde lokale und internationale Bierspezialitäten. Die BRWHOUSE Küche setzt auf neue Kreationen und innovative Geschmacksrichtungen. Ben Pommer, der Erfahrung von Sterne Küche bis Street Food Markt mitbringt, zeichnet sich verantwortlich für das Food-Konzept und ist Herr an den Töpfen – beziehungsweise am Smoker. Auf den kommt hauptsächlich Gemüse, denn das steht im BRLO BRWHOUSE im Zentrum. Es gibt auch feinstes regionales Fleisch, gerne nur als Beilage. Neben Essen und Trinken finden im BRLW Brewhouse auch regelmäßig Veranstaltungen zu Kunst & Kultur statt. So hat sich in Berlin ein spannender Ort etabliert, der zeigt, wie aus der Craftbeer-Szene heraus noch sehr viel mehr entstehen kann. Damit ist eine weiterer Weg vorgezeichnet, wie das Thema Craftbeer den Weg aus der Nische finden kann.

Fotos: @BRLObeer   Text: Peter Steinhauer