Interview mit Christoph Steinhauer

„Bier ist so viel mehr!“

Seine Liebe zu Craft Beer entdeckte Christoph Steinhauer vor zehn Jahren auf einer USA-Reise. Kaum zurück, eröffnete der Bonner einen Bottleshop, ließ sich zum Biersommelier ausbilden, gründete eine eigene Biermarke und baute die alte Familienschreinerei zur Eventlocation für Bier-Tastings und Braukurse um. Wir sprechen mit ihm über die Welt des Biergenusses, das Brauen lernen vom Mälzen bis zum Abfüllen – und wie Bier sogar die Welt der Cocktails bereichern kann.

Biersommelier Christoph Steinhauer bei der Arbeit

Frage: Erzähl uns bitte etwas über dich und deine Leidenschaft zum Craftbeer.

Christoph: Sechs Jahre lang habe ich Bonns einzigen Craft Beer Bottleshop, die „Craftquelle“ mit einem ständig wechselnden Sortiment von über 350 verschiedenen nationalen und internationalen Spezialbieren betrieben. Die Craftquelle war für viele meiner Kunden der Anlaufpunkt, um neue Biere von kleinen Brauereien zu entdecken. Nebenbei habe ich mich in Österreich zum Biersommelier ausbilden lassen. Und seit 2022 betreibe ich die Brauwerkstatt in Bonn-Beuel, wo ich jährlich rund 50 Biertastings und Braukurse anbiete.

In Zukunft möchte ich mich mehr auf die Veranstaltungen konzentrieren, nach denen es eine sehr große Nachfrage gibt. Das ist auch der Grund, warum ich den Bottleshop in der Bonner Altstadt geschlossen habe und in der Brauwerksstatt nur noch ein reduziertes Sortiment (ca. 150 verschiedene Biere) und stark reduzierte Öffnungszeiten anbiete. So kann ich mich noch mehr meiner Leidenschaft widmen, Menschen die spannende und vielfältige Welt der besonderen Biere bei meinen Tastings näher zu bringen.

Frage: Braust du auch dein eigenes Bier?

Christoph: Ja, damit habe ich schon kurz nach der Ladenöffnung begonnen. Meine eigenen Biere werde ich auch weiter unter der Marke „Craftquelle“ anbieten – zum Beispiel mein Rhineland IPA, das Schäl Sick Hoppy Wiess, das Altstadt Hell und den Goldtrunk – ein Brown Ale, das mit Grafschafter Goldsaft gebraut wird, dem berühmten Zuckerrübensirup aus Meckenheim bei Bonn. Meine Biere verkaufe ich über den Webshop (www.craftquelle.de) oder vor Ort in der Brauwerkstatt, entweder nach den Verkostungen und Braukursen oder beim wöchentlichen und monatlichen Werksverkauf. An den Verkaufstagen biete ich meinen Kunden aber neben den eigenen auch weiterhin ein reduziertes, aber feines Sortiment anderer Biere an.

Die Mikrobrauer Christoph Steinhauer und Lukas Zimmermann verkosten in der Brauerei ein neues Bier

Frage: Erzähl uns etwas über deine Tastings, welche Biere verkostest du bei den Events?

Christoph: Die Verkostungen finden zu den unterschiedlichsten Themen statt. Beliebte Klassiker sind die Tastings „Bierland Belgien“, „Spitzenbiere der Welt“ oder auch die legendären „Wild Beer Tastings“, bei denen wir vor allem sehr kreative und verrückte Biere verkosten. Zum Beispiel gab es da schon mal Trüffel- oder Chilibier. Aber auch die Tastings „Bier & Käse“ sowie „Bier und Schokolade“ sind immer schnell ausgebucht. Ich lasse mir auch immer wieder neue Ideen einfallen, zum Beispiel Tastings zu fassgelagerten Bieren kombiniert mit edlen Spirituosen wie Gin, Whisky oder Rum. Ganz neu ist mein Bier-Cocktail-Event, bei dem wir kreative Cocktails mixen und verkosten.

Frage: Bier-Cocktails? Klingt interessant.

Christoph: Ja, Bier als Zutat in Cocktails klingt für viele zunächst befremdlich oder zumindest überraschend. Ich bringe da mein Wissen als Biersommelier und meine Erfahrung durch das Bierbrauen mit ein. Das neue Format wird sehr gut angenommen. In den Kursen zeige ich, wie vielseitig Bier als Cocktailzutat sein kann. Wir mixen zum Beispiel Klassiker wie den englischen Black Velvet oder den mexikanischen Michelada, aber auch Eigenkreationen wie eine Bloody Gose oder ein Cucumber Pils. Das macht den Teilnehmenden viel Spaß und sie sind immer wieder überrascht, wie gut so ein Biercocktail schmecken kann.

Frage: Wie laufen deine Tasting-Veranstaltungen generell ab?

Christoph: Wir sitzen an so einem Abend in gemütlicher Runde mit bis zu 22 Teilnehmenden in meiner charmant rustikalen Brauwerkstatt, in der ich das Ambiente der alten Schreinerei meines verstorbenen Vaters ein Stück weit erhalten habe. Wir verkosten zwischen sechs und neun verschiedene Biere. Die Probiermenge pro Bier beträgt 100 ml. Da aber häufiger auch hochprozentige Biere dabei sind, ist die Alkoholmenge nicht zu unterschätzen. Deshalb gibt es immer etwas Weißbrot, Erdnüsse und Wasser zum Bier. Ich wähle ganz unterschiedliche Biere aus, um den Abend kurzweilig und abwechslungsreich zu gestalten. Ich erzähle aber nicht nur etwas über den Geschmack und den Charakter der Biere, sondern auch über die Geschichte dahinter: die Brauer, die Besonderheiten jedes Bieres oder die Herstellung. Das kann dann auch schon mal über vier Stunden dauern.

Tastings in der Brauwerkstatt können auch schonmal vier Stunden dauern

Frage: Ganz schön lang, wird das nicht irgendwann langweilig?

Christoph: Nein, gar nicht. Es wird sogar immer lustiger. Oft wollen die Gäste gar nicht nach Hause gehen, dann muss ich sie mit einem Wegebier bestechen (lacht). Spaß beiseite – tatsächlich sind die Leute immer fasziniert von den verschiedenen Geschmackseindrücken und den Geschichten zum Bier. Auch wenn sie manche Biere gar nicht mögen, sind sie doch froh, sie probiert zu haben. Natürlich kann man nicht jeden mit jedem Bier zufrieden stellen – die Geschmäcker sind zum Glück verschieden. Aber meine Erfahrung ist, dass die meisten gerne über den Tellerrand ihres gelernten Biergeschmacks hinausschauen. Ich habe schon sehr viele dazu gebracht, plötzlich Biere zu mögen, die sie ohne mich nie getrunken hätten. Darauf bin ich schon ein bisschen stolz. Und übrigens dauert es auch nicht immer über vier Stunden.

Frage: Kann man bei dir auch ein Tasting für eine private, geschlossene Gruppe buchen?

Christoph: Ja, auch das ist möglich. Bei Junggesellenabschieden zum Beispiel werde ich sehr gerne als erste Station gebucht. Danach ziehen die dann ziemlich angeheitert zum nächsten Event weiter (lacht). Ich werde aber oft auch von Firmen angefragt, die ein besonderes Event für ihre Teams organisieren wollen. Solche Veranstaltungen vereinbare ich aber immer nach individueller Absprache und Terminplanung. Anfragen kann man mir einfach per Mail an info@craftquelle.de schicken.

Frage: In deiner Brauwerkstatt bietest du auch Braukurse an. Wie laufen die ab?

Christoph: Ein Brautag dauert für die Teilnehmenden in der Regel 6 bis 7 Stunden. Meine Braukurse richten sich an Anfänger, die ihr eigenes Bier zu Hause brauen möchten, oder an Hobbybrauer, die bereits erste Erfahrungen im Heimbrauen gesammelt haben und sich weiterentwickeln möchten. Die Teilnehmenden lernen den gesamten Brauprozess kennen – vom Schroten des Malzes bis zum Abfüllen. Wir brauen gemeinsam ein Bier, ich erkläre jeden Schritt ausführlich in Theorie und Praxis und wir tauschen uns aus. Zwischendurchgibt es einen zünftigen Imbiss und die Teilnehmenden können auch einige besondere Biere probieren.

Bei Braukursen in der Brauwerkstatt Bonn kann jeder mit anpacken

Frage: Dann laufen deine Braukurse aber etwas anders ab als die, die große Brauereien anbieten, oder?

Christoph: Meine Braukurse unterscheiden sich sehr von dem, was üblicherweise in großen Brauereien als Braukurs angeboten wird. Wie mir viele meiner Teilnehmenden erzählt haben, handelt es sich dort eher um eine Besichtigung als um das eigentliche Erlernen des Brauprozesses. Bei mir bekommt jeder, der möchte, eine Aufgabe und kann selbst mit anpacken. Nur so versteht man wirklich, wie es funktioniert. Deshalb bleiben tatsächlich auch viele meiner Teilnehmenden bei diesem schönen Hobby. Das weiß ich, weil wir oft noch über den Braukurs hinaus in Kontakt bleiben – zum Beispiel über die von mir gegründete Hobbybrauergruppe „Hoppy Friends“. Als Hobbybrauer ist man schnell Teil einer aktiven Community.

Frage: Du arbeitest auch mit dem TV-Koch Keven Muttschall zusammen. Was bietet ihr euren Gästen bei den Foodpairing-Events?

Zusammen mit TV-Koch Keven Muttschall veranstaltet Biersommelier Christoph Steinhauer exklusive Foodpairing Tastings im House&Kitchen Loft in der Bonner Altstadt

Christoph: Keven und ich haben vor einiger Zeit gemeinsam unsere exklusiven Food-Pairing-Tastings ins Leben gerufen, die im House & Kitchen Loft in der Bonner Altstadt stattfinden. Dabei kombinieren wir sechs verschiedene kleine, sehr kreative Gerichte – jeweils mit einem speziellen, dazu passenden Bier. Die Speisen werden live vom Koch zubereitet. Unsere Gäste können sich auf eine kulinarische Entdeckungsreise freuen, bei der sie erfahren, wie sich ausgesuchte Biere und kulinarische Köstlichkeiten gegenseitig ergänzen und verstärken können. Bier erweist sich dabei als mindestens ebenso guter Speisenbegleiter wie Wein.

Frage: Craft Beer ist in Deutschland immer noch eine Nische, die aber wächst. Wie schätzt du die Entwicklung von Craft Beer in Deutschland ein?

Christoph: Craft Beer hat in Deutschland in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Immer mehr Menschen entdecken die Vielfalt und Qualität der handwerklich gebrauten Biere. Diesen Trend sehe ich weiterhin positiv. Allerdings stehen die kleinen, unabhängigen Brauereien vor vielen Herausforderungen. Zum Beispiel machen ihnen die steigenden Energie- und Rohstoffpreise mehr zu schaffen als den großen Brauereien, die für den Massenmarkt produzieren. Und generell ist der Biermarkt hart umkämpft. Ich glaube aber, dass sich Qualität und Kreativität durchsetzen werden. Aus meiner Sicht liegt die Zukunft in der Regionalität und in der Verbindung von Tradition und Innovation.