Das Brauen von Bier für den heimischen Gebrauch ist eine jahrtausendealte Tradition. Von der Steinzeit bis ins vorindustrielle Zeitalter hinein, haben die Menschen immer schon zu Haus gebraut. Das hing vor allem mit der Tatsache zusammen, dass Bier früher weniger als Genussmittel, sondern vielmehr als Grundnahrungsmittel diente.
„Seit 8.000 Jahren ist Bier in der einen oder anderen Form ein Bestandteil der Ernährung“, sagt der US-Brauwissenschaftler Charlie Bamforth. Auch in Deutschland war das lange Zeit nicht viel anders. Zwar mussten seit dem frühen Mittelalter in vielen größeren Städten Deutschlands Braurechte vom Fürsten oder König erworben werden – und das Brauwesen war wie beispielsweise in Köln schon früh in Zünften organisiert – aber ein landesweites Verbot, zu Hause zu brauen, gab es nicht. In vielen Städten wie etwa in Münster wurden die Kräutermischungen zum Würzen des Biers – die sogenannte Grut – in besonderen Gruthäusern an die Bauern verkauft. Dieser Grutverkauf war wichtig für den Haushalt der Städte und gilt als Vorläufer der Biersteuer.
Mit dem Brausteuergesetz von 1906 wurde dann aber in ganz Deutschland explizit verboten, Materialien zur Herstellung von Bier an nicht gewerbliche Brauer zu verkaufen. Etwas später kam dann auch das Verbot der Verbreitung von Rezepten zur Bierherstellung, was einem Brauverbot für Privatleute gleichkam. Dieser Zustand änderte sich erst Mitte der 1980er Jahre mit dem Steuerbereinigungsgesetz, das diese Verbote aufhob. Als ein Auslöser für diese Gesetzesänderung gilt heute noch eine Folge der Do-it-yourself-TV-Sendung „Hobbythek“ aus dem Jahr 1982, in Moderator Jean Pütz damals das Thema Heimbrauen vorstellte.
Ohne Steueranmeldung geht es nicht
Dank dieser Gesetzesänderung ist es heute Privatleuten erlaubt, maximal 200 Liter Bier im Jahr am gemeldeten Wohnsitz zu brauen. Allerdings muss dieses Vorhaben jedes Jahr wieder neu mit der sogenannten Brauanzeige, dem für die jeweilige Region zuständigen Hauptzollamt, schriftlich gemeldet werden. Für jeden Liter über dieser Menge – oder wenn man nicht am Wohnsitz oder im öffentlichen Raum (etwa zu Demonstrationszwecken) braut, fällt die Biersteuer an. Das berühmte Zollformular 2075 „Steueranmeldung für Bier im Einzelfall“ muss ausgefüllt, die Biersteuer errechnet und dem Zollamt überwiesen werden.
In den USA hat der damalige Präsident Jimmy Carter das Brauverbot bereits 1978 für die meisten Staaten aufgehoben. Lediglich in Alabama und Mississippi überlebte das Verbot bis 2013. Deshalb ist es in den USA erlaubt, bis zu 100 Gallonen (378,5 Liter) pro Erwachsenen im Jahr zu brauen. Die Heimbrauszene ist in den USA seitdem laut der Homebrewers Association auf rund 1,2 Millionen Personen gewachsen. In den Staaten ist die Szene gut organisiert und führt regelmäßig Wettbewerbe durch. So gibt es zum Beispiel über 7.500 ehrenamtlich tätige Juroren (Judges) für Heimbrauer-Wettbewerbe, die in der US-Organisation Beer Judgment Programm (BJCP) organisiert sind. Die BJCP ist mittlerweile in über 60 Ländern vertreten.
Hobbybrauer-Szene in Deutschland
Verglichen mit den USA hat Deutschland beim Heimbrauen noch Nachholbedarf. Aber seit rund zehn Jahren gibt es auch hierzulande eine wachsende Szene, die allerdings bei weitem nicht so gut vernetzt ist wie in den USA. Deshalb ist es auch schwierig die Zahl der Heimbrauer und Heimbrauerinnen in Deutschland zu schätzen. Die bundesweite Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer (VHD) wurde bereits 1995 gegründet und zählt heute rund 730 Mitglieder, die in Braugruppen in den jeweiligen Regionen organisiert sind. Der Verein veranstaltet in ganz Deutschland regelmäßig Haus- & Hobbybrautage, bei denen die Hobbybrauer ihre selbstgebrauten Biere mitbringen und zusammen verkosten. Dabei geht es laut Pascal Collé, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins, vor allem darum, sich gegenseitig Feedback zu geben und zu stetig besser zu werden.
Zahl der Heimbrauer hat sich verdreifacht
Neben dem bundesweiten Verein und den vielen regionalen Hobbybrauervereinen gibt es noch die große Masse von Hobbybrauern, die nicht organisiert sind – also allein oder mit Freunden zu Hause brauen. Ein Indiz für die wirkliche Zahl der Heimbrauer könnte sein, dass die größte deutschsprachige Facebook-Gruppe, die sich ausschließlich dem Thema Hobbybrauen widmet, rund 14.000 Mitglieder zählt. Genauere Zahlen hat jedoch der Zoll: Laut Florian Richter von der Generalzolldirektion in Bonn hat es im Jahr 2014 noch 3.317 angemeldete Haus- und Hobbybrauer gegeben. Stand Oktober 2022 waren es 9.834 Anmeldungen. Die Zahl hat sich also verdreifacht. Rechnet man noch eine Dunkelziffer hinzu, weil sich höchstwahrscheinlich nicht jeder beim Zoll meldet, dürfte die Zahl der Personen, die regelmäßig zu Hause Bier brauen also mittlerweile deutlich über 10.000 liegen. Auch Heimbraukits, Rohstoffe und Geräte für Hobbybrauer sowie Heimbraukurse haben, laut Oliver Dietrich, Vertriebsleiter beim auf Heimbrauer spezialisierten Versandhändler Brau-Partner aus Erbshausen in Franken, Konjunktur: „Heimbrauen ist ähnlich wie Backen oder Fermentieren Teil eines Megatrends zur mehr Regionalität, Natürlichkeit und zum Selbermachen bei der Nahrungsmittelerzeugung“, so Dietrich. (Kontakt VHD: www.hausgebraut.de)
Hobbybrauergruppen im Köln-Bonner Raum
Kölner Bierhistoriker e.V.
Steckbrief: Gegründet 2014, 46 Mitglieder
Website: www.koelnerbierhistoriker.org
Aktivitäten:
- Patenschaften für ausgestorbene oder fast ausgestorbene historische Biersorten
- Exkursionen z. B. zu Festivals oder Brauereien
- Veranstaltung von offenen Clubmeisterschaften (BJCP sanctioned competition)
- Organisation der Kölner Brauschau
- Austausch über geschlossene WhatsApp-Gruppe
Bonner Hobbybrauer e. V.
Steckbrief: Gegründet 2017, ca. 38 Mitglieder
Website: www.bonner-heimbrauer.de
Aktivitäten:
- Regelmäßiger Stammtisch mit Verkostung selbstgebrauter Biere
- Teilnahme an Wettbewerben für Heim- und Hobbybrauer
- Durchführung der Bonner Brauschau
Hoppy Friends Köln/Bonn
Steckbrief: Gegründet 2021, 54 Mitglieder (180 in Facebookgruppe)
Website: www.hoppy-friends.de
Aktivitäten:
- Regelmäßiger Stammtisch mit Verkostung selbstgebrauter Biere
- Durchführung von „Reihebrau-Events“, bei denen mehrere Hobbybrauer einen größeren Sud brauen und nach dem Kochen aufteilen
- Exkursionen zu Brauereien und Festivals
- Austausch über geschlossene WhatsApp-Gruppe
- Facebookgruppe und Instagram-Account
(Dieser Artikel von Christoph Steinhauer ist zuerst erschienen in der Ausgabe 4/22 des Fachmagazins Bier & Brauhaus)